Judo„Wir fallen und stehen wieder auf“

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Karl-Richard (links) und Johannes Frey haben längst das nächste große Ziel vor Augen: Olympia 2024 in Paris. 

Sankt Augustin – Ihren größten sportlichen Erfolg haben Karl-Richard und Johannes Frey gemeinsam erlebt: Bei den Olympischen Spielen in Tokio (Japan) holten die Judoka mit dem deutschen Mixed-Team Bronze. Olaf Pohl hat mit den Brüdern aus Sankt Augustin gesprochen.

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Die Olympischen Spiele liegen bereits fünf Monate zurück – wie ist es Ihnen seither ergangen?

Karl-Richard Frey: Durch die Bronzemedaille im Team-Wettbewerb durfte ich auf Einladung der Deutschen Sporthilfe erneut beim „Club der Besten“ teilnehmen. Zusammen mit vielen anderen deutschen Spitzensportlern und einer Begleitperson, in diesem Fall meinem Bruder Gerrit, verbrachte ich eine Ferienwoche in Südspanien. Nach den ganzen Anstrengungen konnte ich die Seele baumeln lassen.

Johannes Frey: Für mich war die Erholung nur von kurzer Dauer. Zunächst musste ich meine im olympischen Team-Wettbewerb erlittene Verletzung an der Hüfte auskurieren. Anfang September begann ein Ausbildungsabschnitt für meine Bundespolizei-Laufbahn in Kienbaum. Das Winterhalbjahr verbringe ich also mit Büffeln und Pauken für die Abschlussprüfung.

Von welchen Olympia-Erlebnissen werden Sie Ihren Kindern oder Enkeln erzählen?

Johannes Frey: Für mich war die Olympia-Teilnahme mit meinem großen Bruder ein gelebter Traum. Davon werde ich meinen Enkeln erzählen und sie ermuntern, ihre eigenen Träume zu verwirklichen. Aber ich werde ihnen auch erklären, dass man dafür kämpfen muss. Die Dinge fallen einem nicht in den Schoß.

Karl-Richard Frey: Wir haben nicht nur etwas zu erzählen, sondern auch etwas zu zeigen. Nämlich die wunderschöne Bronzemedaille mit der Siegesgöttin Nike auf der einen und dem Olympia-Emblem Tokios auf der anderen Seite.

Vor Weihnachten hat der neue Bundestrainer Pedro Guedes zum Trainingslager an der Bundespolizei-Sportschule in Kienbaum eingeladen. Wie lautet das Fazit?

Karl-Richard Frey: Dort herrschen ideale Voraussetzungen für ein Trainingslager mit dem Nationalkader. Die Schule bietet alles, was das Judo-Herz begehrt. Das sieht auch der neue Bundestrainer so. In Kürze gibt es den nächsten gemeinsamen Aufenthalt dort. Ein Wermutstropfen ist die sechs- bis siebenstündige Autofahrt dorthin.

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Voller Einsatz auch im Training: Johannes (links) und Karl-Richard Frey.

Johannes Frey: Wenn der Bundeskader nicht an der Sportschule trainiert, werden die Judoka der Bundespolizei wie ich vom Ex-Bundestrainer Detlef Ultsch betreut. Eine gute Lösung, denn er kennt uns sehr genau.

Wie meistern Sie die Doppelbelastung aus Training und Ausbildung?

Johannes Frey: Ich muss Prioritäten setzen. In den nächsten Wochen liegt der Fokus auf der Vorbereitung für die theoretischen Prüfungen. Da fällt das eine oder andere Training aus. Ich bin froh, dass mir der Bundestrainer den Rücken frei hält.

Sie haben beide entschieden weiterzumachen und Olympia 2024 in Paris ins Visier zu nehmen – wieso?

Karl-Richard Frey: Judo ist unser Leben. Ich habe gemerkt, dass noch mehr Potenzial in mir schlummert. Ich habe in Tokio – wie schon in Rio 2016 – nur knapp eine Medaille im Einzelwettbewerb verfehlt. Der kurze Zyklus bis zu den Spielen in Paris und das vom neuen Bundestrainer entgegengebrachte Vertrauen kamen mir bei der Entscheidung entgegen. Ich bin ein Kämpfer und will unbedingt noch mal nach einer Medaille greifen.

Johannes Frey: Nach den Spielen ist vor den Spielen. Wir machen es noch mal. Noch besser. Und noch erfolgreicher.

Zu den Personen

Karl-Richard Frey (30) ist in Troisdorf geboren und Sankt Augustin aufgewachsen. Nach seinem Fachabitur hat der willensstarke Judoka sein Trainer-Studium mit Diplom abgeschlossen. Im Mixed-Team-Wettbewerb gewann er in Tokio Olympia-Bronze. In seiner Freizeit geht das Ehrenmitglied des Beueler JC gerne joggen und spielt Schach.

Johannes Frey (25) ist ebenfalls in Troisdorf geboren und Sankt Augustin aufgewachsen. Derzeit ist er Polizeimeister-Anwärter bei der Bundespolizei. Das Judo-Schwergewicht (über 100 kg) verfügt über eine explosive Schnellkraft und hohe Beweglichkeit. Sein größter sportlicher Erfolg war ebenfalls die Bronzemedaille bei Olympia 2021 in der Teamwertung. (opo)

Die Deutschen Einzelmeisterschaften in Stuttgart wurden von Januar auf September verschoben. Bedauern Sie das?

Johannes Frey: Für mich waren sie wegen der Laufbahn-Prüfung nicht oberste Priorität. Natürlich hätte ich versucht abzuliefern – das Podest ist immer das Ziel. Aber der Schutz der Gesundheit geht vor, insofern ist die Absage nachvollziehbar. Ich steige spätestens im März wieder voll ins Training ein, um bald darauf wieder an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen.

Karl-Richard Frey: Ich hatte mich nach der langen Wettkampfpause auf die DM gefreut. Jetzt werden mein Bruder und ich eben im Herbst versuchen, wieder beide Titel in der Gewichtsklasse bis und über 100 Kilogramm zu holen – so wie 2018.

Wie stellt sich die generelle Situation im Judo in Bezug auf die Pandemie für Sie da?

Johannes Frey: Ein Ende der Einschränkungen ist nicht abzusehen. Die Pandemie bremst uns, kann uns aber nicht gänzlich stoppen. Wir wünschen uns sehr, dass auch der Nachwuchs nicht aufgibt und den Vereinen treu bleibt. Wir müssen unseren tollen Sport ausüben, auf jedem Niveau und in allen Alters- und Gewichtsklassen – auch und erst recht in schwierigen Zeiten.

Karl-Richard Frey: Absolut. Wir waren beide schon an Corona erkrankt, waren in der heißen Phase der Olympia-Qualifikation im Ausland in Quarantäne. Aber wir sind beide genesen, geimpft und testen uns fast täglich. Wir fallen und stehen wieder auf. Wir sind Judoka – das Fallen und Aufstehen gehören einfach dazu.