Schulter ausgekugeltUnfallopfer fordert Sperrung der Siegburger Fußgängerzone für Radfahrer

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Hinweisschild  an der Siegburger Fußgängerzone, Fahrräder frei

Ein Hinweisschild an der Siegburger Holzgasse zeigt an: Fahrräder in der Fußgängerzone frei

Siegburgerin Gertraud Steinhäuser stürzte, als sie sich über einen Radfahrer erschreckte - jetzt kämpft sie für die Verbannung der Zweiräder aus der Fußgängerzone 

Ein ausgekugeltes Schultergelenk war die Folge ihres Besuchs in der Holzgasse, die Siegburgerin Gertraud Steinhäuser hatte sich wegen eines Radfahrers erschreckt und war daraufhin gestürzt. Aus ihrer Sicht umso ärgerlicher, als sie schon Ende 2022 Bürgermeister Stefan Rosemann aufgefordert hatte, die Freigabe der Fußgängerzone für Fahrradfahrer zurückzunehmen.  

Mit Angst und Schrecken durch die Siegburger Holzgasse

Die will sie jetzt gemeinsam mit anderen durchsetzen: Dem Haupt - und Beschwerdeausschuss lag jetzt ihr Bürgerantrag vor und eine Liste mit 81 Unterschriften, die die Seniorin gesammelt hatte, auch bei Inhabern von Geschäften und Restaurants. Ihren Angaben sind es mittlerweile sogar mehr als 100 Unterzeichner. „Die Leute gehen mit Angst und Schrecken durch die Holzgasse.“      

Bürgermeister Stefan Rosemann versuchte ihr in der Sitzung zu verdeutlichen, dass es im Ausschuss lediglich darum gehen könne, das weitere Vorgehen festzulegen, was auch erwartungsgemäß zu einer Vertagung in den Mobilitätsausschuss führte. Einsehen wollte Gertraud Steinhäuser das nicht. Möglichst umgehend müsse die Regelung zurückgenommen werden, forderte sie.  

„Die Leute in der Holzgasse schimpften pausenlos darüber“ schildert sie in dem Gremium, vor allem über Radfahrer, die immer wieder auf die Streifen entlang der Geschäfte auswichen, was eine „Unverschämtheit“ sei. Vor allem junge Radfahrer führen „wie verrückt“.

Bürgermeister pocht auf Entscheidung des Siegburger Rats  

Rosemann warf sie vor, vor der Freigabe nicht mit der Polizei gesprochen zu haben, was dieser zurückwies. Zudem habe es dazu eine Ratsentscheidung gegeben, so Rosemann. Es habe fast keine Vorfälle gegeben. Er gebe Steinhäuser aber recht, dass es Radfahrer gebe, die zu wenig Rücksicht nehmen. „Das ist wie bei Autos, die über rote Ampeln fahren, die wird es wahrscheinlich immer geben.“

Die Ausschussmitglieder beließen es nicht dabei, das Thema einfach ohne Debatte zu vertagen. Hans-Werner Müller (Die Grünen) hob darauf ab, dass ein Radfahrer nicht direkt an dem Sturz beteiligt war. „Das ist bedauerlich, aber wo kommen wir hin, wenn jemand verunfallt, dass man dann direkt hingeht und sagt, die Straße muss gesperrt werden.“ Man müsse differenziert daran gehen. „Für uns Grüne ist klar, wir bleiben bei der Regelung.“

E-Roller in einer Fußgängerzone.

E-Roller sind in der Siegburger Fußgängerzone verboten, tauchen aber immer wieder auf.

Es gebe zwar Ausreißer, die habe es aber auch vor der Freigabe gegeben. Vor allem E-Roller führen durch die Fußgängerzone, obwohl diese da nichts zu suchen hätten. Zu 99 Prozent laufe das „völlig diszipliniert“ ab.  Müller sagte aber zu, man werde über Verbesserungen nachdenken.      

Ralph Wesse (SBU) sagte für seine Fraktion, diese habe mehrfach beantragt, die Regelung wieder rückgängig zu machen. „Eine Fußgängerzone ist für Fußgänger da, nicht für Radfahrer.“ Die Aussage zu den 99 Prozent Müllers sei nicht richtig. Radfahrer verhielten sich nicht korrekt, führen zu schnell und rücksichtslos und verletzten, wie man jetzt sehe, auch Menschen.    

Im September 2021 war die Fußgängerzone für Radfahrer freigegeben worden

Jürgen Peter (CDU) betonte die Notwendigkeit, in Siegburg etwas für die Umwelt zu tun, man solle sich aber durchaus mit einer Revision der Regelung beschäftigen. In einer gefährlichen Situation müsse man selbstverständlich handeln. Man solle aber versuchen, „die hohe Woge an Emotionalität“ dabei herauszuhalten.

Im September 2021 war die Fußgängerzone freigegeben worden, beschlossen von der damaligen Ampel aus SPD, Grünen und FDP. CDU und SBU stimmten dagegen, sodass man davon ausgehen darf, dass das Thema auch in den Gesprächen zu der Kooperation aus CDU und Grünen eine Rolle gespielt hat.

Die Awo in Siegburg war gegen die Freigabe für Radler, der ADFC dafür

Die Arbeiterwohlfahrt hatte damals beantragt, die Freigabe der zurückzunehmen: Das Konzept sei „nicht richtig durchdacht“. Wegen des schlechten Pflasters in der Holzgasse könnten vor allem ältere Menschen nicht mehr sorglos durch die Stadt gehen und Hilfsmittel wie Rollstuhl oder Rollator mit der nötigen Sicherheit nutzen, so die Argumentation. Die Freigabe für Radfahrer komme erschwerend hinzu, auch für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen.

Der ADFC Siegburg (Allgemeiner deutscher Fahrradclub) hatte die Öffnung der Fußgängerzone begrüßt, da so eine jahrelange Rechtsunsicherheit zu Ende gehe. Zuvor sei der Radverkehr in der Fußgängerzone zu bestimmten Zeiten und in eingrenzten Bereichen geduldet gewesen.

Zwar habe offiziell ein Verbot gegolten, die Polizei aber nur gelegentlich Knöllchen geschrieben. Der ADFC hatte allerdings auch gefordert, dass sich die Radfahrer den Fußgängern unterordnen und rücksichtsvoll sowie zurückhaltend fahren. Sonst stehe zu befürchten, dass die Regelung wieder gekippt wird. Fußgänger wiederum sollten die Radfahrer akzeptieren und nicht unnötig behindern.