Erst das Traumtor per Fallrückzieher, dann der erlösende Jubelschrei in der Nachspielzeit des EM-Achtelfinals gegen die Slowakei: Einmal mehr war es Jude Bellingam, der am Sonntagabend (30. Juni, 2024) für seine Three Lions den sportlichen Unterschied ausmachte.

Sein anschließender Jubel war dabei nicht nur ein Ausruf der Erleichterung, sondern auch ein Zeichen gegen all die Kritiker der englischen Fußball-Nationalmannschaft während der letzten Tage. „Für England zu spielen, ist schön, aber auch belastend, bei all dem Müll, der geredet wird“, sagte der 21-Jährige nach dem 2:1-Sieg nach Verlängerung.

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Bellingham weiter: „Der Druck ist enorm hoch, die Fans erwarten viel, die Leute reden viel. Du darfst es nicht persönlich nehmen.“ Bayern-Torjäger Harry Kane hatte kurz nach dem Anpfiff der Verlängerung für die Entscheidung (91.) gesorgt. Auch er hatte nach dem 1:1 demonstrativ neben Bellingham gejubelt. 

Jude Bellingham: „Das Tor hat die ganze Stimmung geändert“

„Wir waren 20 Sekunden vor dem Abflug, dann hat sich alles gedreht“, sagte Bellingham über seinen Treffer: „Man möchte ein solches Gefühl nie erleben, aber es ist einfach großartig.“ Es sei eines seiner wichtigsten Tore gewesen, betonte er, „weil sich damit die ganze Stimmung geändert hat“.

Teammanager Gareth Southgate gab zu, dass er darüber nachgedacht hatte, den Ex-Dortmunder vorher auszuwechseln. Bellingham und Kane seien „15 Minuten vorher schon völlig erschöpft“ gewesen. Aber: „Du weißt, dass sie solche Sachen machen können, wie sie gemacht haben, deshalb hältst du an ihnen fest.“

Doch Bellinghams Jubel hatte noch einen weiteren Akt zu bieten. Eine obszöne Geste schien sich nach seinem 1:1 an die Bank der Slowaken gerichtet zu haben.

Der Profi von Real Madrid wies die Kritik zurück, indem er via X ein Video teilte und schrieb: „Das war ein Insider in Richtung ein paar meiner Freunde, die im Stadion waren. Nichts als Respekt für die Slowakei und wie sie heute gespielt haben.“

Dennoch soll der Fall geprüft werden. Die Disziplinarkommission der Uefa erklärte, erst einmal die Berichte des Schiedsrichters abwarten zu wollen, bevor sie über mögliche Maßnahmen entscheiden. Theoretisch könnte Bellingham noch nachträglich mit einer Roten Karte bestraft und für das Viertelfinale gegen die Schweiz gesperrt werden.

ZDF-Experte Christoph Kramer tadelt Matchwinner Bellingham

Unterdessen konnte sich nicht jeder über Bellinghams Traumtor freuen. Ex-Nationalspieler Christoph Kramer kritisierte den Profi von Real Madrid für sein Auftreten. „Er ist natürlich ein herausragender Spieler, er muss nur insgesamt aufpassen, dass er jetzt nicht anfängt, Allüren zu bekommen in ganz jungem Alter. Was ich immer ganz schlimm finde, ist, wenn man vor eigenen Mitspielern abwinkt. Er hatte so ein paar Gesten drin, auch schon in den letzten Spielen“, sagte der ZDF-Experte am Sonntagabend.

Jude Bellingham wechselte vor einem Jahr von Borussia Dortmund zu Real Madrid und wurde mit den Königlichen direkt Champions-League-Sieger. „Wenn es zu viel Selbstbewusstsein gibt, dann hat er das so ein bisschen momentan. Es ist natürlich auch gerade eine Welle, die Saison, die er gespielt hat, in dem jungen Alter. Da gestehe ich ihm das auch mal zu“, monierte Kramer einen Tag nach dem 21. Geburtstag des Weltklasseprofis. „Aber trotzdem muss man ein bisschen aufpassen, wenn man Jude Bellingham ist, dass das nicht in ein ganz blödes Ding kommt.“

Jude Bellingham fällt neben seinen Toren auch durch abfällige Gesten und passive Phasen auf

Bellingham hat zwar bereits zwei Tore bei dieser EM erzielt, fällt aber auch durch abfällige Gesten und extrem passive Phasen auf. Sowohl das zweite Gruppenspiel gegen Dänemark (1:1) als auch dritte gegen Slowenien (0:0) liefen an dem Jungstar vorbei. „Nach dem Turnier in der Sommerpause hoffe ich, dass er sich ein bisschen reflektiert. Ich glaube, ich bin nicht der Einzige, der sagt, boah, manchmal nervt er“, sagte Kramer in Gelsenkirchen. Dem Mittelfeldstar sei die hohe Belastung einer langen Saison durchaus anzumerken.

„Reisepässe bereit?“

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Sebastian Hahn

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Bellingham wurde nach seinem Ausgleichstor per Fallrückzieher zum Spieler des Spiels gewählt. „Das kann zu einem Kickstart für den Rest des Turniers werden. Wir standen unter großem Druck, wir haben heute Charakter gezeigt“, sagte der Profi. (oke/dpa)