Kölner Glukose-ProzessStaatsanwalt fordert Haftstrafe für Apothekerin – Schwangere und Kind tot

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Die angeklagte Apothekerin mit ihren Anwälten beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

Die angeklagte Apothekerin mit ihren Anwälten beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

Der Staatsanwalt fordert eine Gefängnisstrafe für eine Kölner Apothekerin, überraschte in seinem Plädoyer aber in einem entscheidenden Punkt. 

Eine Kölner Apothekerin soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Beim Prozess im Landgericht sah der Ankläger den Vorwurf der fahrlässigen Tötung einer Schwangeren und ihres Babys durch eine Verwechslung von Gift und Glukose allerdings nicht als erwiesen an. Die Verteidigung beantragte insgesamt einen Freispruch.

Köln: Offen bleibt, wie die Glukose vergiftet wurde

Damit bleibt nach Ansicht der Staatsanwaltschaft am Ende des Verfahrens offen, wie mehrere Glukose-Präparate für Schwangere mit dem Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid verunreinigt wurden. Laut Anklageschrift soll die Apothekerin beim Abfüllen einen Fehler gemacht und Stoffe verwechselt haben – ein Vorwurf, den die Angeklagte bis zuletzt vehement bestritten hatte.

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Die Heilig-Geist-Apotheke in Longerich direkt am gleichnamigen Krankenhaus

Die Heilig-Geist-Apotheke in Longerich direkt am gleichnamigen Krankenhaus

Viel schwerer in der Straferwartung wiegt jedoch der Anklagevorwurf des versuchten Mordes, an dem der Staatsanwalt in seinem Plädoyer festhielt. So soll die Apothekerin nach Kenntnis der Vergiftung einer schwangeren Patientin bewusst gegenüber den behandelnden Ärzten geschwiegen und so den Tod der Frau und ihres ungeborenen Babys billigend in Kauf genommen haben.

Kölner Landgericht: Zeugin belastete ihre frühere Chefin

Dass es trotz zweier toter Menschen in jenem September 2019 „nur“ beim Vorwurf des versuchten und nicht des vollendeten Mordes blieb, hatte das Landgericht bereits im Vorfeld des Prozesses erklärt. Es sei nämlich unklar geblieben, ob eine Mitteilung an die Ärzte „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Rettung der Verstorbenen geführt hätte“, so Sprecher Jan Orth.

Eine frühere Mitarbeiterin hatte die Angeklagte im Zeugenstand belastet. Sie hätten bereits eine vage Vermutung gehabt, um welches Gift es sich gehandelt habe, während die Kundin nach der Einnahme der verunreinigten Glukose im Krankenhaus um ihr Leben gerungen hatte. Diese womöglich lebensrettende Information war nicht an die Ärzte weitergereicht worden.

Köln: Urteil soll kommende Woche fallen

Dass sie selbst die Ärzte nicht informiert habe, „quält mich seitdem sehr“, hatte die ehemalige Mitarbeiterin der Heilig-Geist-Apotheke ausgesagt. Sie sei aber der Meinung, damals alles richtig gemacht zu haben, sie habe ja ihre Vermutung an die Chefin weitergegeben. Der Staatsanwalt lastete der Angeklagten eine Vertuschung an, sie habe Angst um den Ruf der Longericher Apotheke gehabt.

Unabhängig von der Schuldfrage hatte die Angeklagte die tragischen Vorgänge stets bedauert und zuletzt einer Schadenersatzzahlung von mehreren Zehntausend Euro an die Hinterbliebenen und Opfer zugestimmt. Ein Urteil in dem spektakulären Verfahren, das aufgrund einer Überlastung der Schwurgerichtskammern viele Jahre nicht verhandelt wurde, soll in der kommenden Woche fallen.