„So viele Schussverletzungen wie in zwanzig Jahren nicht“Kölner Feuerwehrmann erzählt von Austauschpraktikum in den USA

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Paul Sattler (r.) mit dem Feuerwehrchef aus Indianapolis, Ernest Malone, beim gegenseitigen Überreichen der Gastgeschenke.

Paul Sattler (r.) mit dem Feuerwehrchef aus Indianapolis, Ernest Malone, beim gegenseitigen Überreichen der Gastgeschenke.

Zwei Monate lang war Paul Sattler als „Austausch-Feuerwehrmann“ in Indianapolis. Trotz der Schattenseiten bleiben vor allem positive Erinnerungen.

Dass Schießereien in den USA praktisch zum Alltag gehören, ist auch in Deutschland bekannt. Doch die Folgen der vielen bewaffneten Auseinandersetzungen als Feuerwehrmann und oft als Ersthelfer hautnah mitzuerleben, das ist dann nochmal etwas anderes. „In meiner Zeit in Indianapolis habe ich vier Einsätze wegen Schussverletzungen gehabt, so viele habe ich – Gott sei Dank – in meinen über zwanzig Jahren in Köln nicht erlebt“, erzählt der Kölner Feuerwehrmann Paul Sattler. In den USA würden Schussverletzungen auch für die Feuerwehr zum Tagesgeschäft gehören. „Viele haben eine Waffe und wenn es dort zu Streitigkeiten kommt, dann ist die Hemmschwelle, sie einzusetzen, niedriger.“ Kommt es zu Schießereien, wird die Feuerwehr mit alarmiert. „Sobald der Gefahrenbereich von der Polizei gesichert worden ist, werden wir nachgeholt.“

Rund zwei Monate lang war Sattler als eine Art Austausch-Feuerwehrmann in den USA. Seit 1988 sind Köln und Indianapolis Partnerstädte. Im Laufe der Jahre entwickelte sich deswegen auch ein Austausch zwischen den Feuerwehren der Stadt. In der Regel dauern diese Austausche nur drei Wochen. Sattler allerdings war im Rahmen seiner Fortbildung zum gehobenen Dienst gleich zwei Monate in Indianapolis – eine Premiere.

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Vor eineinhalb Jahren nahm er als „Gastvater“ selbst einen amerikanischen Feuerwehrmann bei sich auf, eine Freundschaft entwickelte sich. „Wir haben immer wieder darüber geredet, dass ich es irgendwann einmal schaffen muss, rüberzukommen.“ Und durch seine Fortbildung sah er die Chance gekommen. Zwei Praktika muss man während der Fortbildung auf fremden Feuerwehrwachen absolvieren, eigentlich in Deutschland. Doch Sattler zog es nach Indianapolis – und er bekam dafür eine Sondergenehmigung.

Paul Sattler im Einsatz bei einem seiner 24-Stunden-Dienste in Indianapolis.

Paul Sattler im Einsatz bei einem seiner 24-Stunden-Dienste in Indianapolis.

Während seines Aufenthaltes in den USA führte er ein Tagebuch. Jeden Tag notierte er persönliche und berufliche Erlebnisse. In den Einsatzschichten fuhr er meist eher als Beobachter mit, erzählt er: „Bei einem Großbrand hätte ich mich auch nicht in die erste Reihe drängen wollen.“ Zu groß sind dafür die Unterschiede zwischen der Aufgabe als deutscher und als amerikanischer Feuerwehrmann. „Die Gebäudestruktur zum Beispiel ist den USA komplett anders. Gefühlt bestehen 99 Prozent der Häuser in Indiana aus Holz und sind mit brennbaren Fassaden verkleidet, Gasleitungen verlaufen überirdisch“ Alles Gefahrenquellen, denen man als Kölner Feuerwehrmann nur selten begegnet. Zum Ernstfall eines Hausbrands kam es allerdings nicht.

Bei allen Unterschieden sind es aber vor allem die Gemeinsamkeiten zwischen deutschen und amerikanischen Feuerwehrleuten, die Sattler im Kopf bleiben. „Diese Arbeit scheint in allen Ländern die gleichen Menschen anzuziehen. Die Arbeitsbedingungen, die Erfahrungen, die man sammelt – all das führt dazu, dass man schnell einen Draht zueinander findet.“ Bei vier verschiedenen Gastfamilien kam Sattler während seiner Zeit in Indiana unter. „Sie alle haben sich sehr viel Mühe gegeben, mich in ihren Familien willkommen zu heißen und mir unvergessliche Erfahrungen zu bereiten.“

Paul Sattler bei einem Football Spiel im Lucas Oil Stadium

Paul Sattler bei einem Football Spiel im Lucas Oil Stadium

Abseits der 24-Stunden-Schichten auf den Feuerwehrwachen in Indianapolis bereiste Sattler das Land, war bei Football- und Baseball-Spielen und auf dem größten Race-Track der Welt, das in Indiana beheimatet ist. „Besonders in Erinnerung bleiben mir aber die sogenannten Cookout-Events, also die gemeinschaftlichen Kochabende mit der ganzen Familie, zu denen ich immer selbstverständlich eingeladen war.“

Hatte Sattler vorher einen Freund in Indianapolis, sind nun einige dazugekommen. Eine Rückkehr ist fest eingeplant. Schon kommendes Jahr will Sattler die USA wieder besuchen. Dieses Mal soll auch seine Frau und seine beiden Kinder mitkommen. Und: Die Erfahrungen, die er gemacht hat, haben auch seine Tochter inspiriert: „Nächstes Jahr, wenn sie ihr Abitur abgelegt hat, möchte sie jetzt auch für einen längeren Auslandsaufenthalt in die USA.“