Nahost-NewsblogNetanjahu: Armee der Hamas bald nicht mehr existent

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Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident vonIsrael, nimmt an einer Pressekonferenz in der Militärbasis Kirja teil.

Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident vonIsrael, nimmt an einer Pressekonferenz in der Militärbasis Kirja teil.

Nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel ist die Lage in Nahost eskaliert. Die Entwicklungen in Israel, Gaza und dem Iran im Newsblog.

Am 7. Oktober 2023 überfielen Terroristen der Hamas Israel. Sie richteten ein beispielloses Blutbad an und nahmen zahlreiche Geiseln. Israel antwortete mit einem Krieg im Gazastreifen. Inzwischen ist die humanitäre Lage dort katastrophal, Israels Vorgehen steht international in der Kritik. 

Die laufenden Entwicklungen in unserem Newsblog.


Alles zum Thema Nahostkonflikt

Dienstag, 02. Juli

+++ Hisbollah-Kreise: BND-Vizepräsident zu Gesprächen in Beirut +++

Angesichts der aktuellen Spannungen im libanesisch-israelischen Grenzgebiet hat der Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ole Diehl, Hisbollah-Kreisen zufolge einen hochrangigen Funktionär der Schiitenorganisation getroffen. Zuvor hatte es Berichte von örtlichen und der Hisbollah nahestehenden Medien über die Unterredung mit dem stellvertretenden Generalsekretär Naim Kassim gegeben. Das Treffen soll demnach am Samstag stattgefunden haben. Weitere Details waren zunächst nicht bekannt.

Der Bundesnachrichtendienst erklärte auf Nachfrage, man nehme zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung. Darunter fielen auch angebliche Dienstreisen der Leitung. Weiter hieß es: „Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht.“

Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee mit der proiranischen Hisbollah und anderen Gruppierungen im Libanon. Tote gab es dabei auf beiden Seiten. Zuletzt haben sich die Gefechte deutlich zugespitzt. Es besteht international die Sorge, dass sich der Krieg weiter auf die Region ausweiten und eskalieren könnte.

+++ Angehörige von Hamas-Opfern verklagen Nordkorea +++

Angehörige der Opfer des Hamas-Angriffs im vergangenen Oktober haben in den USA mehrere Drittstaaten wegen deren angeblicher Unterstützung der islamistischen Terrororganisation verklagt. Der Iran, Syrien und Nordkorea hätten die Hamas mit Waffen, Geld und Ausbildung überhaupt erst in die Lage versetzt, das Massaker zu verüben, hieß es in der von der Menschenrechtsorganisation Anti-Defamation League vor einem Bundesgericht in Washington eingereichten Klage im Namen von 125 Opfern und deren Familien.

Die Kläger fordern eine Entschädigung in Höhe von mindestens vier Milliarden US-Dollar (3,7 Milliarden Euro) für die Entführung und Ermordung ihrer Angehörigen. Sollte die Klage erfolgreich sein, könnten die Familien aus einem vom US-Kongress aufgesetzten Fonds für Terroropfer entschädigt werden. Das Geld stammt aus beschlagnahmtem Vermögen und Strafzahlungen etwa von Unternehmern, die illegale Geschäfte mit Staaten gemacht haben, die als Terror-Unterstützer eingestuft und sanktioniert worden sind.

Montag, 01. Juli

+++ Netanjahu: Armee der Hamas bald nicht mehr existent +++

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht die Hauptphase im Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen vor einem baldigen Abschluss. „Wir bewegen uns auf das Ende der Phase der Zerschlagung der Terror-Armee der Hamas zu“, sagte er in Jerusalem bei einem Empfang für Kadetten der Nationalen Verteidigungsakademie. „Wir werden damit fortfahren, ihre Überreste zu bekämpfen.“

Netanjahu hatte zuvor die Gaza-Division besucht, die derzeit in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens im Einsatz ist. Er habe dort „sehr beträchtliche Fortschritte“ gesehen, sagte er. Die Offensive in Rafah an der Grenze zu Ägypten gilt der Zerschlagung der letzten größeren Kampfverbände der Hamas. In Form von kleineren Trupps bleibt die islamistische Miliz allerdings weiterhin militärisch aktiv.

Die Worte des israelischen Regierungschefs deuten darauf hin, dass die große Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen bald enden könnte. Diese hatte drei Wochen nach dem beispiellosen Massaker begonnen, das die Hamas und andere extremistische Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels begangen hatten. Der Terrorüberfall mit 1200 Toten auf israelischer Seite hatte den Gaza-Krieg ausgelöst, den Israel zunächst mit massiven Luftangriffen einleitete.

+++ Iranischer General droht Israel mit neuem Raketenangriff +++

Ein hochrangiger iranischer General droht dem Erzfeind Israel mit einem gewaltigen neuen Raketenangriff. Laut Staatsmedien wählte General Amir Ali Hadschisadeh, Kommandeur der Luftstreitkräfte der iranischen Revolutionsgarden, bei einer Veranstaltung in Teheran scharfe Worte.

Vor wenigen Monaten standen beide Länder am Rande eines großen regionalen Kriegs. Hunderte Drohnen und Raketen hatten die Revolutionsgarden bei einer Operation mit dem Titel „Aufrichtiges Versprechen“ am 13. April auf Israel abgefeuert. Hintergrund der Attacke war ein mutmaßlich israelischer Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem Anfang April zwei Generäle getötet wurden.

+++ Leiter des Al-Schifa-Krankenhauses im Gazastreifen von Israel auf freien Fuß gesetzt +++

Der Leiter des Al-Schifa-Krankenhauses und dutzende weitere von Israel festgenommene Palästinenser aus dem Gazastreifen sind auf freien Fuß gesetzt worden. Mohammed Abu Salmija warf Israel vor, in der israelischen Haft „schwerer Folter“ ausgesetzt worden zu sein und einen Daumenbruch erlitten zu haben. „Die Gefangenen werden jeder Art von Folter ausgesetzt“, sagte der Klinikleiter am Montag bei einer Pressekonferenz.

Salmija war bei einem israelischen Einsatz in der Al-Schifa-Klinik festgenommen worden. Eine Quelle in einem Krankenhaus im Zentrum des Gazastreifens gab am Montag an, dass Salmija und dutzende weitere festgenommene Palästinenser aus israelischen Gefängnissen entlassen und in medizinische Einrichtungen im Gazastreifen gebracht worden seien. Das europäische Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens erklärte, dass der Chef der Orthopädie der Klinik ebenfalls freigelassen worden sei.

Israels Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir erklärte im Onlinedienst X, die Freilassung von Salmija und „Dutzenden anderen Terroristen“ sei ein „Verzicht auf Sicherheit“.

„Viele Gefangene starben in den Verhörzentren und erhielten keine Nahrung und Medikamente“, sagte Salmija weiter. Auch würden sie körperlichen und psychischen Demütigungen ausgesetzt. Die israelische Armee gab auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AFP zur Freilassung der Palästinenser und zu den Foltervorwürfen an, diese „Informationen zu überprüfen“.

+++ Israelische Armee: Raketenbeschuss mit „20 Geschossen“ aus südlichem Gazastreifen +++

Beim massivsten Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen seit Wochen haben militante Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee am Montag eine Salve von etwa „20 Geschossen“ aus dem Süden des Küstengebiets auf Israel abgefeuert. „Es wurden ungefähr 20 Geschosse identifiziert, die aus dem Gebiet Chan Junis kamen“, erklärte die Armee. Zahlreiche Raketen seien abgefangen worden, einige von ihnen „schlugen im Süden Israels ein“. Opfer gab es demnach keine.

Die Al-Kuds-Brigaden, der bewaffnete Arm der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad, gab an, die Raketensalve abgefeuert zu haben, die mehrere israelische Ortschaften im Grenzgebiet zum Gazastreifen traf. Der Islamische Dschihad ist mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen verbündet. Hunderte Kämpfer beider Palästinensergruppen hatten am 7. Oktober einen beispiellosen Angriff auf Israel verübt, der den Krieg im Gazastreifen auslöste.

Bei dem Überfall waren nach israelischen Angaben 1195 Menschen brutal getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. 116 befinden sich nach wie vor in der Gewalt der Islamisten, 42 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot.

+++ Bodenoffensive in Schudschaija dauert an – Netanjahu spricht von „schwierigem Kampf“ +++

Die israelische Armee hat ihre Bodenoffensive im Viertel Schudschaija in der Stadt Gaza den vierten Tag in Folge fortgesetzt, während Regierungschef Benjamin Netanjahu von einem „schwierigen Kampf“ sprach. „Dies ist ein schwieriger Kampf, der über der Erde, manchmal im Nahkampf, und auch unter der Erde geführt wird“, sagte Netanjahu laut einer Erklärung seines Büros am Sonntag.

Die israelischen Streitkräfte seien im Krieg gegen die radikalislamische Hamas in Rafah, Schudschaija und überall im Gazastreifen im Einsatz, betonte der Ministerpräsident. Sein Büro erklärte, jeden Tag würden „Dutzende Terroristen eliminiert“.

Das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) schätzt, dass 60.000 bis 80 000 Menschen aus Schudschaija vertrieben worden sind, seit dort am Donnerstag neue Kämpfe begonnen hatten und die Armee die Evakuierung angeordnet hatte.

Für die Menschen, die geblieben sind, sei das Leben „zur Hölle geworden“, sagte die 50-jährige Siham al-Schawa der Nachrichtenagentur AFP. Die Menschen in Schudschaija säßen in der Falle, da die Angriffe überall stattfinden könnten und „es schwierig ist, das Viertel unter Beschuss zu verlassen“. (afp)

Sonntag, 30. Juni

+++ Befreite Gaza-Geisel appelliert an Vernunft +++

Bei Massenprotesten in Israel gegen die Regierung hat sich eine aus dem Gazastreifen befreite Geisel mit einem Appell gegen den Hass erstmals an die Öffentlichkeit gewandt. „Ich wünsche uns allen friedlichere Tage, ruhigere Tage, an denen wir von Familie, Freunden und guten Menschen umgeben sind. Am wichtigsten ist, dass wir lernen, zu lieben und nicht zu hassen“, sagte Noa Argamani am Samstagabend in einer Video-Botschaft.

Die 26-jährige Israelin war vor drei Wochen bei einem dramatischen Einsatz des israelischen Militärs in Gaza mit drei anderen Geiseln befreit worden. „Obwohl ich wieder zurück zu Hause bin, dürfen wir nicht die Geiseln vergessen, die immer noch von der Hamas gefangen gehalten werden“, sagte die Studentin. Die islamistische Palästinenserorganisation „und wir müssen alles erdenklich Mögliche tun, um sie nach Hause zu bringen“, fügte sie hinzu.

+++ Israels Armee: Luftangriff gegen Hisbollah-Stellung +++

Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben erneut eine Stellung der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah im Süden des Libanons angegriffen. Es sei in der Nacht militärische Infrastruktur der Hisbollah attackiert worden, teilte Israels Armee am Sonntagmorgen mit. Ob es dabei Tote oder Verletzte gab, wurde nicht genannt. Die Angaben konnten unabhängig zunächst nicht überprüft werden. Israel liefert sich seit Beginn des Gaza-Krieges täglich Schusswechsel mit der Hisbollah im Grenzgebiet zum Libanon.

Die Miliz erklärte, Israel müsse den Krieg in Gaza gegen die mit ihr verbündete islamistische Hamas vollständig beenden, bevor sie mit dem Beschuss Israels aufhöre. Zuletzt nahm die Intensität der Gefechte deutlich zu. Es wird befürchtet, dass sich ein möglicher offener Krieg zwischen Israel und dem Libanon zu einem regionalen Konflikt ausweiten könnte.

Samstag, 29. Juni

+++ Iran droht Israel mit „vernichtendem Krieg“ bei Angriff auf den Libanon +++

Der Iran hat Israel vor einer massiven Gegenreaktion im Falle eines Angriffs auf den Libanon gewarnt. Israels Drohungen vor einer großangelegten Offensive im Nachbarland seien Teil einer „psychologischen Kriegsführung“, schrieb die iranische Mission bei den Vereinten Nationen in New York am Samstag in Kurzbotschaftendienst X. Sollte es eine „umfassende militärische Aggression“ von Seiten Israels auf den Libanon geben, werde es zu einem „vernichtenden Krieg“ kommen.

„Alle Optionen, einschließlich der vollständigen Einbeziehung aller Mitglieder der Achse des Widerstands, liegen auf dem Tisch“, hieß es weiter. In der sogenannten Achse des Widerstands versammelt der Iran seine regionalen Verbündeten. Dazu gehören neben der radikalislamischen Hamas auch die Hisbollah-Miliz im Libanon sowie die Huthi-Rebellen im Jemen.

Israels Verteidigungsminister Joav Gallant beteuerte in der vergangenen Woche zwar, sein Land wolle keinen Krieg mit der Hisbollah. Die israelische Armee sei aber in der Lage, den Libanon „in die Steinzeit zurückzuversetzen“, drohte er zugleich. Angesichts einer drohenden Eskalation wurden auch die internationalen Warnungen vor einem Krieg in der Region lauter.

Freitag, 28. Juni

+++ Pentagon: Bereiten keine Evakuierung aus dem Libanon vor +++

Die USA bereiten nach eigenen Angaben keine Evakuierung ihrer Landsleute aus dem Libanon vor. Eine entsprechende Frage mit Blick auf amerikanische Staatsbürger und Angehörige des Militärs, die sich im Land befinden, beantwortete die stellvertretende Sprecherin des Pentagon, Sabrina Singh, am Freitag mit „nein“.

Zuvor hatte der US-Sender NBC unter Berufung auf nicht namentlich genannte US-Quellen berichtet, die Verlegung eines zusätzlichen US-Kriegsschiffes ins Mittelmeer habe mit der Vorbereitung auf eine mögliche Evakuierung zu tun. Zwar sei die „USS Wasp“ in dieser Woche in die Region verlegt worden, darüber hätte das zuständige Zentralkommando des US-Militärs (Eucom) auch informiert, bestätigte Singh. Dabei handele es sich aber um einen bereits im Voraus geplanten Einsatz.

+++ Sorge vor Kriegsausbruch im Libanon wächst +++

Die Sorge vor einem Kriegsausbruch zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon wächst. Sollte es im Gaza-Krieg zwischen Israel und der mit der Hisbollah verbündeten Hamas zu keiner Einigung auf eine Waffenruhe kommen, werde es in den nächsten Wochen wahrscheinlich zur großangelegten militärischen Konfrontation zwischen Israel und der Miliz kommen, berichtete das US-Portal „Politico“ am Donnerstag unter Berufung auf US-Geheimdienstinformationen. Die USA bereiteten sich für diesen Fall bereits auf die Evakuierung ihrer Landsleute aus dem Libanon vor, zitierte der US-Sender NBC mit den Plänen vertraute US-Quellen. Am Donnerstagabend habe die Hisbollah rund 35 Raketen auf den Norden Israels abgefeuert, teilte die israelische Armee mit. Die Schiiten-Miliz bezeichnete den Angriff als Antwort auf die Tötung eines ihrer Kämpfer Stunden zuvor.

+++ USA befürchten Eskalation +++

Das Pentagon habe ein zusätzliches Kriegsschiff sowie eine Marineexpeditionseinheit zur Verstärkung der US-Truppen in der Region ins Mittelmeer verlegen lassen, in Vorbereitung auf eine mögliche Evakuierung von amerikanischen Landsleuten, berichtete NBC weiter. Der Schritt diene auch zur Abschreckung, um eine Eskalation des Konflikts zu verhindern, hieß es. US-Beamte seien zunehmend besorgt, dass Israel in den kommenden Wochen verstärkt Luftangriffe und sogar eine Bodenoffensive im Libanon durchführen könnte, hieß es.

„Die Logik von (Hisbollah-Chef Hassan) Nasrallah ist, dass alles mit dem Gazastreifen zusammenhängt und dass der Beschuss Israels nicht aufhören wird, solange es keinen Waffenstillstand im Gazastreifen gibt“, zitierte das „Wall Street Journal“ einen ranghohen US-Beamten. Man lehne diese Logik ab. Die Hisbollah hat ihre Raketen- und Drohnenangriffe zuletzt verstärkt und damit den Druck auf die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erhöht. Dieser steht auch im eigenen Land unter zunehmendem Druck.

+++ Druck auf Netanjahu wächst +++

Rund 2000 Menschen protestierten am Donnerstagabend vor Netanjahus privater Villa in Caesarea bei Tel Aviv und verlangten Schritte zur Freilassung der von der Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln sowie den Rücktritt des Regierungschefs, wie das Nachrichtenportal „ynet“ berichtete. Sie riefen demnach Parolen wie „Wie viel Blut wird noch vergossen, bevor du gehst“ und „Bring die Geiseln jetzt zurück - und geh!“. Die islamistische Hamas und andere extremistische Gruppen hatten am 7. Oktober des Vorjahres den Süden Israels überfallen, mehr als 1200 Menschen getötet und weitere 250 als Geiseln verschleppt.

Es werden noch 120 Menschen in der Gewalt der Terroristen vermutet. Das „Wall Street Journal“ berichtete, dass die Zahl der noch lebenden Geiseln bei nur 50 liegen könnte. Die indirekten Verhandlungen, bei denen die USA, Ägypten und Katar vermitteln, stecken jedoch in einer Sackgasse. Kritiker werfen Netanjahu vor, einen Deal nicht ernsthaft anzustreben, um seine ultra-religiösen und rechtsextremen Koalitionspartner nicht vor den Kopf zu stoßen. Von ihnen hängt sein politisches Überleben ab. Netanjahu macht die aus seiner Sicht unnachgiebige Haltung der Hamas für das Stocken der Verhandlungen verantwortlich.

+++ Verheerende Zerstörungen im Libanon-Konflikt +++

Währenddessen kommt es seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast neun Monaten täglich zu Schusswechseln zwischen Israels Armee und der Hisbollah im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Zuletzt haben sich die Gefechte deutlich zugespitzt. Auf beiden Seiten gab es Tote. Am Donnerstag tötete Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben drei Kämpfer der Hisbollah. Daraufhin schoss die Miliz Dutzende Raketen auf den Norden Israels ab. Die meisten Geschosse wurden laut Israels Armee abgefangen. Niemand sei verletzt worden.

In Ortschaften beiderseits der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150 000 Menschen wurden evakuiert oder verließen die Kampfzone. Nach Informationen der „Financial Times“ hat Israels Militär weite Teile des Südlibanon verwüstet und „eine neue Realität“ geschaffen. An der Grenze seien ganze Stadtviertel dem Erdboden gleichgemacht und Ackerland zerstört worden, berichtete die Zeitung am Donnerstag unter Berufung auf Satellitenbilder, Regierungsstatistiken und Gespräche mit lokalen Beamten. Nahezu tägliches Bombardement aus der Luft und Artilleriebeschuss hätten einen GroßteilIsrael drängt auf Rückzug der Hisbollaher fünf Kilometer nördlich der Blauen Linie gelegenen Gebiete unbewohnbar gemacht.

+++ Israel drängt auf Rückzug der Hisbollah +++

Bei der Blauen Linie handelt es sich um die von den Vereinten Nationen gezogene Demarkationslinie an der Grenze zwischen den beiden Ländern. Mit Ende des zweiten Libanon-Krieges 2006 war eine Pufferzone im Süden des Libanons eingerichtet worden. Die UN-Resolution 1701 verbot den Einsatz der Hisbollah-Miliz südlich des Litani-Flusses, dem Grenzgebiet zu Israel. Die israelischen Truppen wiederum mussten sich hinter die Blaue Linie zurückziehen. Israel fordert denn auch den Rückzug der Hisbollah-Miliz gemäß der UN-Resolution nördlich des Litani-Flusses, der etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegt.