Anfangs Gottesdienste gestreamtLeverkusener macht sich mit Videofirma selbstständig

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Tobias Falke in der Quettinger Kirche, wo alles begann. Nun hat er sich selbstständig gemacht.

Tobias Falke in der Quettinger Kirche, wo alles begann. Nun hat er sich selbstständig gemacht.

Leverkusen – Trotz weltweiter Pandemie ein Unternehmen gründen – dazu gehören Mut und Selbstvertrauen. Insgesamt gehe die Zahl der Unternehmensneugründungen zurück, gleichzeitig steige jedoch die Anzahl an Start-ups im Technologie- und E-Commerce-Bereich, berichtete das Handelsblatt im vergangenen Sommer. Das überrascht nicht, denn in Zeiten von Abstandsregelungen und Homeoffice werden digitale Lösungen dringlicher denn je zuvor.

Auch für Tobias Falke kam der Stein für die eigene Firma für Video- und Filmproduktion erst durch die Coronapandemie so richtig ins Rollen. Begonnen hat für ihn alles mit dem ersten Lockdown in der Evangelischen Kirchengemeinde in Opladen: Durch die Beschränkung des öffentlichen Lebens war es nicht mehr möglich, Gottesdienste zu besuchen. Falke, der als Leiter des Öffentlichkeitsreferats bei der Kirchengemeinde arbeitet, fing an mit einem Team aus ehrenamtlich Mitarbeitenden Videos zu produzieren, so dass die Gottesdiensterfahrung auch im heimischen Wohnzimmer gelebt werden kann.

„Ich hatte den Anspruch, dass es nicht bloß eine Livestream-Übertragung wird. Ich wollte dem Ganzen eine Ästhetik geben und dahinter steckt viel Arbeit. Es gibt ein Drehbuch, ein Redaktionsteam, ein Skript und ein Timetable“, erklärt er. Die Videos waren ein Erfolg, nach dem ersten Online-Gottesdienst hatte das Video bei Youtube 800 Klicks. „Für eine Kirchengemeinde ist das richtig gut“, sagt Falke und lacht. Erste Berührungspunkte mit der Videoproduktion hatte er bereits 2009. Ein Praktikum bei einer Videoproduktionsfirma führte den damals 23-Jährigen nicht etwa in eine der Medienstädte Hamburg, München oder Berlin – sondern direkt über den Atlantik nach Las Vegas. In der Welthauptstadt des Glücksspiels sammelte er bei der Berichterstattung über Pokerturniere erste Erfahrungen hinter der Kamera.

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Nach dem Erfolg der Videos für die Kirchengemeinde und dank Falkes gutem Netzwerk kamen weitere Auftraggeber auf ihn zu, ohne dass er viel Akquise betreiben musste. Neben einem Verein für nachhaltiges Wohnen aus Krefeld wandte sich auch Arthur Horváth vom Leverkusener Bühnenprojekt „Young Stage“ an den Video- und Filmproduzenten. Gemeinsam drehten sie eine 60-minütige Dokumentation über das nun zehn Jahre alte Projekt, die in den kommenden Monaten veröffentlicht werden soll. „Als dann auch noch der Landessportbund NRW mit einem Auftrag auf mich zukam, dachte ich: Wenn alles so gut läuft, dann musst du einfach eine Firma gründen“, erzählt Falke.

Auf den Punkt gebracht

Gesagt, getan: Am 1. Januar 2021 wurde „Falke Bewegtbild“ ins Leben gerufen. Seine Videos sind so mitreißend wie auf den Punkt gebracht und spiegeln die Persönlichkeit der Menschen und Projekte wider. „Das Filmen ist die Kunst, aber die Bearbeitung des Bild- und Filmmaterials ist die Arbeit“, erklärt er. Seine Zielgruppe sieht er vor allem im akademischen Bereich. „Dort liegen viele gute Ideen, die aber nicht zielgruppenorientiert an den Mann gebracht werden. Da möchte ich eine Schnittstelle bieten, dass dies verständlich visualisiert werden kann“, sagt Falke. Dass dafür Fingerspitzengefühl, Menschenkenntnis und Empathie notwendig sind, weiß er nur zu gut. „Im Prinzip besteht die Schwierigkeit darin, den Nerv des Kunden zu treffen. Der hat ein Bild im Kopf, wie der Film auszusehen hat und das umzusetzen fällt nicht leicht.“

Besonders gerne dreht Falke Dokumentationen oder Imagefilme, denn als ehemaliger freier Mitarbeiter einer Tageszeitung weiß er eine gut erzählte Geschichte zu schätzen. „Dokus und Imagefilme liegen mir sehr am Herzen, hier kann man die Welt mal aus anderen Perspektiven sehen“, findet er.

Falkes persönlicher und beruflicher Weg verlief nicht immer so geradlinig. Mit 18 Jahren stieg der gebürtige Pfälzer bei den Zeugen Jehovas aus, brach mit seiner Familie und seinem sozialen Umfeld. „Ich habe zehn Jahre in der Berufswelt verloren, weil ich viel mit mir und meinen Emotionen beschäftigt war. Jetzt will ich Projekte anpacken“, sagt er. Da Bildung innerhalb der Sekte nicht besonders großgeschrieben wird, holte Falke vor zwei Jahren sein Abitur nach, so dass er heute einem berufsbegleitenden Studium in Mediendesign nachgehen kann.

Für die Evangelische Gemeinde wird Falke weiterhin Videos drehen, langfristig jedoch in einem anderen Format. „Ich glaube, dass analoge Gottesdienstformate in der digitalen Welt keine Zielgruppe haben. Entweder will ich in den Gottesdienst, weil ich das Erlebnis haben möchte, oder ich lasse mich zu Hause vom Fernseher berieseln“, findet Falke. Ein freieres Format, das Themen lose behandelt und unterschiedliche Meinungen nebeneinander stehen lässt, sei erfolgversprechender. Mehr Infos gibt es auf Falkes Webseite.