Daach der kölschen SprochWarum Peter Brings früher Hochdeutsch sang und jetzt Kölsch als Schulfach fordert

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Köln: Harry Alfter, Peter und Stephan Brings auf der Bühne

„Wer Kölsch sprach, wurde abgestempelt“: Peter (Mitte) und Stephan Brings (rechts) sprachen zu Hause Dialekt.

Peter und Stephan Brings sprechen über das Image des kölschen Dialekts in ihrer Jugend und heute.

Arbeiter, ungebildet, oder gleich: Asis. Wer Kölsch sprach, sei in den 1970er Jahren „ganz schnell abgestempelt worden“, erinnern sich Peter und Stephan Brings. „In Köln wirst du als blöde eingestuft, wenn du Kölsch sprichst, das ist noch heute so“, sagt Peter. „Wenn ich heute in die Sparkasse gehe und auf Kölsch nach einem Kredit frage, gucken die wahrscheinlich erstmal und denken: Was will der Typ von mir?“ — „In Bayern ist das nicht so, das mit dem Dialekt haben die da ausnahmsweise besser hingekriegt“, sagt Stephan. Obwohl Kölsch „inzwischen längst wieder en vogue ist“.

In ihrer ersten gemeinsamen Band („Rübezahl“) sang Peter Brings wohl auch eingedenk des angekratzten Kölsch-Images auf Hochdeutsch – in dem das Kölsche dann doch irgendwie mitklang. Im Hause Brings wurde nämlich viel Kölsch gesprochen, auf der Straße mit den Kindern aus Ehrenfeld auch. Die Brüder hatten ihre „Sprooch op d’r Stroß jeliehrt“, wie Peter Brings im „Kölsche Jung“ singt. Jedes Wort war wie tätowiert. Das bleibt.

Brings: Vater Rolly stimmte am Küchentisch kölsche Lieder an

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Vater Rolly stimmte am Küchentisch mit der Klampfe alte kölsche Lieder an. „‚Heimweh nach Köln‘ von Willi Ostermann war das Lieblingslied seiner Mutter, da hat sie immer geweint“, erinnert sich Stephan Brings. Bis die Brüder unter dem Bandnamen Brings das erste kölsche Lied sangen, dauerte es bis 1990 – „Katharina“, eine Ode an ihre hart arbeitende und irgendwann alleinerziehende Mutter. „Die Bläck Fööss und später BAP hatten das Kölsch in die Republik getragen und gezeigt, dass das funktionieren kann“, sagt Stephan Brings.

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Auch Brings wurde mit kölscher Rockmusik erfolgreich: 1990 spielte die Band vor 100.000 Menschen bei Rock am Ring und als Vorband der Simple Minds im Müngersdorfer Stadion. Mit dem Hit „Superjeilezick“ gelang im Jahr 2001 der Einstieg in den Karneval. Dass Brings in dem Lied von „Träne“ (falsch) statt von „Trone“ in den Augen sangen, trug ihnen Kritik von Kennern der kölschen Sprache ein. „Wir haben das aber absichtlich so gesungen, damit die Leute es verstehen“, sagt Stephan Brings. Manchmal heilige der Zweck eben die Mittel.

Wünschen würden sich die Brings-Brüder mehr Kölsch-AGs und Chöre in Schulen im Rheinland, und warum nicht auch Kölsch als Unterrichtsfach? „Das wäre wichtig, damit Kölsch nicht ausstirbt oder zur reinen Folklore im Karneval wird“, sagt Peter Brings. „Immerhin ist der Dialekt ein Teil unserer Identität – und die Stadt lebt mit dem Karneval auch ganz gut davon.“ Das Image von Köln, das manchmal auch ein Mythos sei, meint Stephan — offen, locker, supertolerant — „das hat auch mit Sprache zu tun, mit Kultur“. Und die, die sollte man pflegen.

Rolly, Stephan und Benjamin Brings singen am Daach der kölschen Sproch am kommenden Sonntag, 29. September, im Rathaus alte kölsche Lieder. Im kommenden Jahr wird die Band ihre Kooperation mit dem Bonner Beethoven-Orchester fortsetzen: Für den 5. September ist an der alten Zeche in Hückelhoven ein großes Open-Air-Konzert geplant, wie die Band jüngst bekanntgab. Dass Kölsch und Klassik zusammen funktionieren, hatten gemeinsame Konzerte mit dem Orchsester im August 2023 auf dem Roncalli-Platz gezeigt.