Bayer-SaisonauftaktDie Werkself startet mit Florian Wirtz und vielen Fragezeichen

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Florian Wirtz

Leverkusen – Seit vielen Jahren endet der Urlaub für die Fußball-Profis von Bayer 04 Leverkusen hinter verschlossenen Türen. Sie fahren mit ihren Autos in die Tiefgarage der Bay-Arena und begeben sich mit dem Aufzug ins Reich der Leistungsdiagnostik im dritten Stock. Am Tag vor dem offiziellen Trainingsauftakt wird hier der physische Status Quo eines jeden einzelnen Spielers festgestellt, die Blutbeschaffenheit, Sauerstoffaufnahmefähigkeit, Muskelbalance und vieles mehr. Die Spieler werden verkabelt, mit Atemmasken versehen, vermessen und durchleuchtet. Aufgrund von Eigenheiten und Defiziten kann das Training speziell für sie gesteuert werden. Im Leben eines Fußball-Profis ist dies einer der unpopulärsten Tage.

Der Trainer spielt hier noch keine Rolle. Dennoch wird Gerardo Seoane, der seit Tagen in Leverkusen weilt, auch diese Gelegenheit nutzen, um seinen neuen Arbeitgeber und den dazugehörenden Arbeitsplatz kennenzulernen. Am Dienstag wird er sein Team erstmals auf dem Trainingsplatz zusammenhaben, oder genauer: Reste seines Teams, aufgefüllt mit Nachwuchsspielern. 16 Profis und sieben Jugendliche, die sich am Montag über den Tag verteilt in die Leistungsdiagnostik begeben, werden die ersten Schritte mit dem dreimaligen Schweizer Meister-Trainer gehen, der von Young Boys Bern kam.

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Mit dabei wird immerhin Jungstar Florian Wirtz sein, der am 6. Juni mit der U-21-Nationalmannschaft Europameister geworden war. Genau vier Wochen Urlaub haben dem 18-Jährigen genügt, um seine Akkus wieder aufzuladen. Fehlen werden dagegen viele prominente Bayer-04-Profis: Patrik Schick, der am Samstag mit Tschechien im EM-Viertelfinale gegen Dänemark ausschied, aber mit fünf Toren neben Cristiano Ronaldo aktuell Top-Torjäger der Veranstaltung ist. Auch die anderen EM-Teilnehmer (Lukas Hradecky, Julian Baumgartlinger) werden noch mehrere Wochen pausieren. Noch länger fehlen werden Charles Aránguiz (Chile), Exequiel Palacios und Lucas Alario (beide Argentinien), die in der Südamerika-Meisterschaft aktiv waren, beziehungsweise noch sind. Schlechte Kunde kam dabei von Mittelstürmer Alario, bei dem offenbar eine Adduktorenverletzung diagnostiziert wurde, weshalb ihn der argentinische Verband aus dem Kader für das Olympia-Turnier strich. Wann und in welcher Verfassung die Südamerikaner bei ihrem Arbeitgeber erscheinen, steht noch nicht fest.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Kader zu Beginn der Sommervorbereitungen noch nicht komplett ist. Bei Bayer 04 ist der Unterschied zur Wunschformation der Klubführung allerdings sehr groß. Vor allem in der Abwehr, die die Bender-Zwillinge und Aleksandar Dragovic verloren hat, stehen größere Umbauten an. Die Liste der Defensivspieler, an denen Bayer 04 angeblich interessiert ist, wird immer länger: Jeremiah St. Juste (Mainz), Marvin Friedrich (Union Berlin), Nico Schlotterbeck (SC Freiburg) und auch Ozan Kabak (Schalke 04). Dagegen gibt es Defensiv-Spieler, von denen sich der Klub wegen mangelnder sportlicher Perspektiven gern trennen würde: Mitchell Weiser, Tin Jedvaj (beide Vertrag  bis 2023) und der nach Leihe aus St. Etienne zurückgekehrte Panagiotis Retsos (2022) gehören zu dieser Gruppe. „Sie und ihre Berater wissen Bescheid“, sagt Sportdirektor Simon Rolfes. Für den Willen zur großen Veränderung sprechen auch Gerüchte, wonach man Jonathan Tah, der bei Bayer 04 zum Nationalspieler wurde, bei einem entsprechenden Angebot offenbar ziehen lassen würde.

Dieses entsprechende Angebot für  wertvolle Spieler ist jedoch das große Problem dieser Transferperiode, die noch nicht richtig in Gang gekommen ist. Abgesehen von den ganz wenigen unendlich reichen Klubs müssen alle erst Geld einnehmen, bevor sie es ausgeben können. Gerardo Seoane wird erst in einigen Wochen einen Kader beisammen haben, mit denen der hohe Anspruch Champions-League-Platz zum realistischen Ziel wird. Aber bis zum Bundesliga-Start am 14. August bei Union Berlin passiert noch viel.